18.09.2024
Eine Wanderung entlang der Amalfi-Küste in sechs Tagesetappen gehört auf die Bucketlist von Reisenden. Die auch Costiera Amalfitana genannte Halbinsel von Sorrento liegt südlich von Neapel am Golf von Salerno und gehört zu einer der schönsten Küstenstrecken Italiens – für manche sogar der Welt. Seit Mitte der 50er-Jahre ist sie kein wirklicher Geheimtipp mehr, aber eine Wanderung dort ist hingegen alles andere als überlaufen.
Ein Team von OUTSIDEstories hat sich auf den stufenreichen Weg gemacht, hat dabei das sympathische Hinterland entdeckt, ist vielerorts den Göttern nahekommen und erlebt eine Region im kollektiven Fußballmeistertaumel.
Wir stellen dir in diesem Teil 1 die Etappen 1 bis 3 vor, im zweiten Teil folgen dann die letzten drei Etappen 4 bis 6. Am Ende des nächsten Teils haben wir auch einige hilfreiche Informationen zur Wanderung zusammengestellt.
Ist deine Wanderausrüstung vollständig und einsatzbereit? Speziell an der Amalfi-Küste gibt es keine Outdoorhändler bei denen du dich ausstatten kannst. Besorge deine Ausrüstung vorher.
► Hier kannst du dein Equipment auf den neusten Stand bringen.
Amalfi-Küste Etappe 1: Raito - Maiori
Ausgerechnet die erste Etappe müssen wir krankheitsbedingt auslassen. Wir beschreiben sie hier also nur kurz ohne persönliche Eindrücke.
Von Albori geht es zum Sattelpunkt beim Monte Falerio, dann weiter über die Cappella Vecchia zum Santuario della Madonna Avvocata und schließlich hinunter nach Maiori. Der Einstieg gleich am ersten Tag in die Küstenwanderung ist heftig. Ohne Warm-up geht es von 250 auf fast 1.000 Höhenmeter tief in die Berge hinein. Doch wer die erste Etappe überstanden hat, ist für die kommenden Abschnitte gut gewappnet.
Kurzprofil der Etappe 1 Raito - Maiori:
- Distanz: 11,1 km
- Höhenmeter bergauf: 815 hm
- Höhenmeter bergab: 983 hm
- Höchster Punkt: 1026 m
- Zeit: ca. 6:00 Std.
Amalfi-Küste Etappe 2: Maiori - Pogerola
Der Einstieg in die für uns erste Etappe ist zitronensauer: Gleich neben der Kirche in Minori beginnen die endlosen Stufen, die uns zum Sentiero dei Limoni führen - dem Weg der Zitronen. Sofort geht es in die treppenförmig angelegten Zitronenplantagen, die dem Weg seinen Namen verliehen haben.
Das Intro ist passend, denn wir werden noch auf Schritt und Tritt den gelben Zitrusfrüchten begegnen, sei es als Limoncello-Likör, Porzellan-Deko oder Stoffmuster ... Nichts geht ohne Limonen, wie wir schnell feststellen.
Kurz bevor wir das Städtchen Ravello erreichen, das hoch über der Küste thront, sticht das Auditorio Oscar Niemeyer ins Auge, ein gestalterisch sehr auffallender Konzertsaal. Er wurde von dem brasilianischen Stararchitekten, der auch die Hauptstadt Brasilia entworfen hat, hier in den Hang gezirkelt.
Von den unzähligen Stufen malträtiert und von der nun fast am Zenit stehenden Sonne gebraten, erreichen wir endlich Ravello. Das touristische Highlight rühmt sich für seine prächtigen Villen und sehenswerten Gärten – das können wir auch so unterschreiben.
Eine der größten Anwesen, die Villa Rufolo, bietet eine der schönsten Aussichten über die Amalfiküste, die wohl in jedem Reiseführer zu sehen ist. Leider haben das die anderen Touristen aus aller Welt auch schon entdeckt und entsprechend voll ist Ravello.
Doch kaum verlassen wir den Ort, sind wir schon wieder alleine unterwegs und plagen uns Stufe für Stufe runter ins Küstenstädtchen Atrani. Der Ort ist so etwas wie ein Muss für alle Reise-Influencer:innen. So werden uns schon in der Vorbereitungszeit in den Social-Media-Kanälen gefühlt nur noch fröhliche, in Petticoats gekleidete junge Damen auf Vespas oder mit großen Hüten in einem alten Fiat Cinquecento vor der malerischen Kulisse angezeigt.
In der Realität sieht das jedenfalls anders aus: Eine fluchende und verzweifelt hupende Blechlawine staut sich schrittweise durch die engen Straßen und man wundert sich, dass doch immer wieder versucht wird, hier mit dem Auto entlang zu cruisen.
Das kann uns relativ gleichgültig sein. Zwar erreichen wir mit glühenden Oberschenkeln Atrani, doch das ist immer noch besser, als im überhitzten Auto sitzen zu müssen.
Atrani gilt als kleinste Gemeinde Europas. Netflix-Süchtigen dürfte der Ort aus der Serie "Ripley" bekannt sein, die zu einem großen Teil hier gedreht wurde. So schmeckt der Crodino im Café an der Piazza Umberto I gleich doppelt gut.
Wir dürfen uns nicht allzu lange hier fallenlassen: Das gewählte Etappenziel heute heißt Pogerola, hoch über der Touristenfalle Amalfi gelegen. Eine gute Wahl, denn die Unterkünfte in Amalfi würden das Reisebudget doch sehr strapazieren. Hoch heißt rund 300 Höhenmeter, also noch mal eine Stunde Treppen steigen!
"Man sagt, dass sich das Leben der Menschen in Amalfi nicht ändern wird, wenn der Tag des Jüngsten Gerichts kommt, denn sie leben bereits im Paradies..."
Melissa Hill, Die Sommervilla
Der Weg führt uns durch einen menschenleeren herrlichen Wald, durch terrassenförmige Weinberge und kleine Felder und spuckt uns direkt an unserer Unterkunft auf dem Marktplatz von Pogerola aus. Von den Menschenmassen an der Küste ist hier nichts zu spüren.
Kurzprofil der Etappe 2 Maiori - Pogerola:
- Distanz: 11 km
- Höhenmeter bergauf: 780 hm
- Höhenmeter bergab: 510 hm
- Höchster Punkt: 380 m
- Zeit: ca. 4:30 Std.
Amalfi-Küste Etappe 3: Pogerola - Bomerola/Agerola
Der Wandertag beginnt hart. Von Pogerola geht es kontinuierlich bergab – welche Überraschung – wieder stufenweise bis runter ans Meer. 300 Höhenmeter knallen in die Oberschenkel. Der Tag hat kaum begonnen und unsere Beine sind schon wieder auf Muskelkaterniveau.
Der steile Treppenweg führt uns durch das Labyrinth traumhaft gelegener Häuser und dichter Fauna, entschädigt so für alle Schmerzen.
Das Meer vor dem von uns geflissentlich ignoriertem Amalfi glitzert in der warmen Morgensonne. Auf dem parallel zur Küste verlaufenden Höhenweg hören wir leider immer wieder das Rumoren der Blechlawine und das hektischen Hupen der genervten Busfahrer auf der einzigen Küstenstraße weit unter uns.
San Lazzaro heißt unser nächster Wegpunkt, dem Ort, in dem wir unseren "Pranzo", die Mittagspause eingeplant haben. Der Haken an der Sache: Die archaische Treppe des sich den Berg hinaufwindenden Sentiero dell’Antica Repubblica – dem "Pfad der alten Republik" – und die im Zenit stehende Mittagssonne gehen hart auf die Motivation.
Unsere Wasservorräte sind längst aufgebraucht, als wir durch den traditionell in der Mittagszeit fast ausgestorbenen Ort schleichen. Nur Diego Maradona und die Spieler des SSC Neapel begrüßen uns wie schon so häufig von zahlreichen Aufstellern und Transparenten aus.
Unsere legendäre Wandertour korrespondiert mit dem fulminanten Erfolg des SSC Neapel, der 2023 nach 33 Jahren zum dritten Mal in seiner Geschichte den Meistertitel der italienischen "Bundesliga" Serie A holt. Die ganze Region steht Kopf. Einige Fans wollten sogar mit bengalischen Feuern auf dem Vesuv einen Ausbruch des Vulkans simulieren.
"Wer denkt, in Neapel sei der Fußball lediglich Fußball, hat weder den Calcio noch Neapel verstanden".
Marco Bellinazzo, Journalist
Warum ich das erzähle? Weil wirklich in jedem Ort und an jeder nur erdenklichen Location Aufsteller, Fahnen und andere Devotionalien auf den historischen Sieg des Vereins und den gottgleich verehrten Diego Maradona hinweisen.
Unscheinbar führt der Weg aus San Lazzaro hinaus und überrascht uns mal wieder mit seiner Vielseitigkeit. Auf engen Trails geht es durch idyllische Obstgärten tief in eine macchiaartige, dicht bewachsene Schlucht hinein. An den Felsen kleben ein paar Kletterer, die wir ehrlich gesagt hier nicht unbedingt erwartet haben.
Ein paar Mal fällt es schwer, den Weg zu finden, den uns die App vorgibt und wir landen irgendwo im Dickicht. Bisher hat uns die Navigation verlässlich metergenau gelotst, aber heute schickt sie uns seltsamerweise immer wieder in die Irre.
So erreichen wir unser Tagesziel Bomerano etwas genervt von der Wegfindung. Dass wir uns heute zudem eine Unterkunft ausgesucht haben, die am Ende der Hochebene in Agerola liegt und uns somit nochmal drei Kilometer Fußmarsch abverlangt werden, müssen wir unter dem Punkt "Planungsfehler" verbuchen.
Kurzprofil der Etappe 3 Pogerola - Bomerano/Agerola
- Distanz: 14,1 km
- Höhenmeter bergauf: 900 hm
- Höhenmeter bergab: 440 hm
- Höchster Punkt: 760 m
- Zeit: ca. 4:45 Std.
* * * * *
Amalfi-Küste: Im 2. Teil geht die Story weiter
► Wie es mit den Etappen 4 bis 6 weitergeht, erfährst du im 2. Teil der Wanderungen an der Amalfi-Küste.
Haftungsausschluss: Diese Tour(en) wurde(n) nach bestem Wissen aufbereitet. Eine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben wird dennoch nicht gegeben. Das Befahren und Begehen erfolgt stets auf eigene Gefahr. Lies hier den vollständigen Haftungsausschluss.
- Anmelden oder Registieren, um eigene Kommentare verfassen zu können