Eins Vorneweg: Ich bin einfach nur begeistert von diesem Schuh.

Nachdem sich bei meinen alten Wanderschuhen so langsam  das Profil verabschiedet hatte war es nun Zeit für einen neuen Wanderschuh. Die Wahl gestaltete sich zunächst gar nicht so einfach, denn ich suchte nach einem allround Talent, welches gut aussieht, einen hohen Tragekomfort bietet und in jedem Gelände eine gute Performance abliefert.

Im Geschäft habe ich mich dann nach 2-stündiger Beratung letztendlich für den HANWAG Tantra II GTX entschieden. Es war quasi Liebe beim ersten Anprobieren. Leider hat mich anfangs noch ein bisschen der etwas höhere Preis zurückgehalten, doch nachdem ich auch andere Schuhe probiert hatte stand endgültig fest, diese müssen es sein. Sie passen sich wunderbar an den Fuß an, ohne dass sie drücken. Auch längere Touren länger als 30km habe ich damit wunderbar ohne Blasen überstanden. Hierbei macht sich die besondere Schnürung bemerkbar. Die Schnürung am Fußrücken kann durch einen Schnürsenkelstopp lockerer gewählt werden, als am Knöchel.

Den größten Härtetest gab es dann bei meiner letzten Tour durch die schottischen Highlands auf dem West Highland Way. Bekanntlich ist es dort sehr nass und das Gelände stellenweise Alpin, jedoch konnte der Schuh den Widrigkeiten des Regens trotzen und der Innenraum blieb tatsächlich trocken. Auch das Profil konnte mich sehr bei den rutschigen Wegen überzeugen. Rutschte ich dennoch weg, blieb mein Knöchel sehr gut geschützt durch den Halt der hohen Stiefel und die feste Schnürung.

Leider bin ich bei einem Abstieg an einem spitzen Felsvorsprung hängen geblieben und der Stoßschutz über der Sohle hat sich vom Leder gelöst, aber auch dies wurde durch den sehr netten Kundendienst professionell und vor allem kostenfrei wieder erneuert. Deshalb auch trotz des kleinen "Unfalls" volle 5 Sterne. Somit begleiten mich vermutlich noch sehr lange Jahre diese Schuhe.

Das Leder ist wasserdicht und kann mit einer normalen Bürste gereinigt werden.

Fazit: Absolute Kaufempfehlung für Menschen, die ein zuverlässiges Allround-Talent suchen  

Bewertung:

In dieser Bewertung dreht es sich um den Wanderschuh der Marke Hanwag, welcher den Namen Tatra trägt. Bei dem beschriebenen Modell handelt es sich um eine ältere Modellvariante des Tatra´s. Jedoch hat sich an den neueren Modellen nur die Schnürung sowie die Einlegesole und geringfügig das Erscheinungsbild geändert. Bei meinem Modell handelt es sich um die Vollleder-Variante. Alternativ hierzu gibt es noch eine Variante mit einer Gore-Tex Membran. Dieses Modell trägt dann nicht das Kürzel LL sondern GTX. Auf die Vor- und Nachteile beider Variationen, werde ich im Laufe dieser Bewertung eingehen.

Das Unternehmen:

Die Firma HANWAG ist eine Firma, die 1921 in Bayern von HANs WAGner gegründet wurde. Mittlerweile gehört das Unternehmen zu Fenix Outdoor Gruppe, zu der auch weitere große namhafte Hersteller wie beispielsweise Fjällraven gehören. Diese Gruppe steht für Nachhaltigkeit wodurch sämtliche Hanwag Produkte in Europa gefertigt werden. 

Fun Fact:

Auch Hans Brüder LOrenz WAgner und Alfred gründeten Schuh-Unternehmen ( LOWA und Hochland). Die ersten Schuhe der Firmen wurden anhand der Leisten der Firmengründer gefertigt und sind bis heute nach wie vor an diese angelehnt und grundverschieden. 

Doch nun zu meinem Schuh:

Wie bei allen Bewertungen, welche ich verfasst habe, beginne ich zuerst mit den technischen Daten.

Technische Daten:

Außenmaterial: Gewachstes Nubukleder

Innenfutter: 100% Leder

Sohle: Vibram AW-Integral

Schuhgröße: 45, 10,5 UK, 11,5 US

Gewicht: ca. 800g

Preis: ca. 240€

Kaufdatum: Vor knapp 7 Jahren

Passform:

Von Haus aus baut Hanwag sehr schmal geschnittene Schuhe für Menschen mit einem hohen Spann. Alternativ gibt es den Tatra in einer Wide Variante. Dazu muss man jedoch sagen, dass die breite dieser Variante der regulären weite von vergleichbaren Schuhen entspricht. Alternativ gibt es für Menschen mit sehr schmalen Füßen auch noch eine Narrow Variante.

Bevor ich nun auf die Details des Schuhes eingehe, nachfolgend eine Rundumsicht des Schuhes, um einen ersten Eindruck von dem Aussehen und dem Aufbau zu bekommen. (Die Schnürsenkel sind nachgerüstet)

Grundsätzliches:

Bevor man sich einen Wanderschuh zulegt, sollte man sich vorab die beiden nachfolgenden Fragestellungen gut überlegen. 

Vollleder oder Gore-Tex Membran?

Die erste Frage sollte sich darum drehen, aus welchem Material insbesondere das Innenfutter des Schuhs gefertigt sein sollte. Hierbei spaltet sich die Schuhindustrie in zwei Lager. Beide haben sowohl ihre Vor- und Nachteile: 

Lager 1 = der Vollleder-Schuh

Vorteile: 

• Atmungsaktiv
• Geschmeidiger
• Angenehmer Tragekomfort
• Passt sich besser dem Fuß an 
• Langlebiger
• Geruchsneutral

Nachteile:

• Nicht Wasserdicht 
• Schwerer
• Höherer Pflegeaufwand
• Langsam trocknend

Lager 2 = Der Schuh mit Membran

Vorteile:

• Wasserdicht
• Leichter
• Schnelltrocknend 
• Geringer Pflegeaufwand

Nachteile

• Weniger Atmungsaktiv
• Membran hat begrenzte Lebensdauer
• Synthetik-Materialien nehmen schneller Gerüche an

Für welchen Schuh man sich jetzt letztendlich entscheidet, hängt zum einen von dem persönlichen Empfinden, als auch von dem Einsatzgebietes des Schuhes ab. Ich persönlich habe mich für die Vollleder-Variante entschieden, da ich der Typ Mensch bin, der sehr schnell sehr warme Füße bekommt und dementsprechend auch schnell anfängt zu schwitzen. Der Lederschuh hat durch die natürlichen Poren des Leders schlichtweg einen besseren Feuchtigkeitstransport als eine Membran. Zwar versprechen die Hersteller der Membranen eine gewisse Dampfdurchlässigkeit ihrer Produkte, jedoch kommen diese nicht an die Werte eines richtig gepflegten Lederschuhs heran. Unterm Strich ist eine Membran schlichtweg eine in den Schuh eingearbeitet Plastiktüte. Brauche ich jedoch einen Schuh für Regionen, an denen es ohnehin sehr Nass ist bzw. sehr viel Nässe von oben, wie beispielsweise Island, zu erwarten ist, würde ich mich für einen Schuh mit einer Membran entscheiden, da trockene Füße beim Wandern doch angenehmer sind als nasse. Auch für mehrtägige Touren bei denen nicht nur Sonnenschein zu erwarten ist, würde ich mir vorher gut überlegen, welchen Schuh ich mir an die Füße packe. Problematisch wird es dann, wenn der Volllederschuh einmal von innen nass wird. Dann dauert es eine geraume Zeit, bis der Schuh wieder trocken ist. Erfahrungsgemäß reicht eine Nacht im Zelt, der Schutzhütte oder wo auch immer, dafür nicht aus!

Doch keine Angst davor, dass man bei einem Regenguss oder beim überqueren einer nassen Wiese in einem Volllederschuh sofort nasse Füße bekommt . Ich habe es mit meinem Schuh wissen wollen und bin wie auf dem nachfolgenden Bild für ca. 10 min durch einen Bach gelaufen. Nach dieser Zeit war der Schuh von innen nach wie vor trocken! In den sieben Jahren, in denen ich nun meinen Schuh habe, hat er es auch bisher nur einmal geschafft mir nasse Füße zu bescheren. Das war aber auch nach acht Stunden Schneeregen bei einer "kleinen" Wintertour. 

Woran erkenne ich welche Variante der Schuh hat für den ich mich interessiere? Bei Volllederschuhen erkenne ich es (wie auf dem unteren Bild zu sehen ist) durch einen Blick in den Schuh. Sehe ich da nur Leder, kann ich davon ausgehen, dass in diesem keine Membran verarbeitet ist. Sehe ich einen grauen synthetisch anmaßenden Stoff, kann ich mir sicher sein, dass es sich um einen Membran-Schuh handelt. Da fast alle Hersteller Gore-Tex Membranen verwenden, steht irgendwo an dem Schuh auch deren Schriftzug, meist an der Seite des Schaftes oder am untersten Punkt der Schnürung.

Welche Solenhärte?

Der Schuh wird laut Hersteller in die Kategorie B eingeordnet. Die Spannbreite der Kategorien erstreckt sich von Kategorie A bis Kategorie D.  Die Firma Meindl kategorisiert die Einsatzbereiche der einzelnen Kategorien wie folgt:

Kategorie A: der Schuh für Lightwalker

Kategorie A/B: Trekking in Hochalm-Regionen, Mittelgebirge, auf ausgebauten Wegen

Kategorie B: Trekking in leichtem Alpinen Gelände

Kategorie B/C: Ambitioniertes Trekking in mittlerem Alpinen Gelände

Kategorie C: Hochgebirgsschuh für Alpin-Trekking, bedingt Steigeisenfest

Kategorie D: Ultimativer Hochgebirgsschuh, Steigeisenfest

Diese Einstufungen der Kategorien lassen sich problemlos auch auf andere Hersteller übertragen. Mit steigender Kategorie-Stufe steigt also die Festigkeit der Sohlenkonstruktion. Mit steigender Sohlenhärte steigt die Lebensdauer des Schuhes da festere Sohlen abriebfester sind als weichere. Schuhe ab Kategorie B lassen sich in der Regel unproblematisch neu Besohlen. So auch bei meinem Tatra. Dies würde direkt bei Hanwag ca. 80 - 90 € kosten. Mitinbegriffen wäre eine neue Stoßkappe sowie eine neue Einlegesohle. Dies wird langsam aber sicher mal notwendig bei meinem Schuh. Jedoch ist die Summe immer noch besser als einen neuen Schuh zu kaufen!

Die Sohle:

Verbaut an diesem Modell ist eine Sohle des Marktführers Vibram. Immer gut zu erkennen an dem gelben Logo auf der Unterseite des Schuhs. Genauer handelt es sich um eine AW Integral Sohle, welches in erster Linie die besondere Form der Sohle mit der tiefen Kerbe in der Mitte beschreibt. Diese Sohle ist sehr Griffig gearbeitet und durch den Sohlenabsatz bietet der Schuh einen sehr guten Halt im unterschiedlichsten Terrain. Am Ende der Sohle ist eine Kerbe in die Sohle eingearbeitet, (Bild unten) welche den Anschein erweckt, dass der Schuh bedingt Steigeisenfest ist. Dies würde ich jedoch stark bezweifeln, da zum einen die Sohlenkonstruktion dafür viel zu weich ist und die Ausarbeitung der Kerbe aus meiner Sicht keinen optimalen Sitz der Eisen versprechen würde. Aus diesen Gründen halte ich diese Kerbe nur für einen Designaspekten der Sohle.  

Die Schnürung:

Wie oben schon erwähnt, handelt es sich bei dem eingesetzten Schnürsenkel, nicht um den Originalen. Jedoch entsprechen diese recht genau dem Original was die Dicke der Schnürsenkel angeht. Da der Zahn der Zeit an dem originalen genagt hatte, war es an der Zeit diesen zu ersetzen. Die große Stärke dieser Schnürung zeichnet sich durch die kugelgelagerten Schnürpunkte aus. Diese haben den riesen Vorteil, dass sich der Schnürsenkel, durch obiges ziehen bis runter an den Fußpunkt festzieht und man somit nicht ewig "herumfriemeln" muss, um den Schuh optimal zu schnüren. Die neue Variante des Tatra´s hat an der Außenseite des Schuhs zwei Schnürpunkte mit Einklemmfunktion, welche das Schnüren noch weiter vereinfachen. 

Die Stoßkappe:

Wie auf dem Bild zu sehen ist, haben meine Stoßkappen ihren Zweck erfüllt und das Leder an der Fußspitze vor Beschädigungen geschützt. Was ich nicht ganz verstehen kann ist, warum Hanwag kein umgehendes Geröllschutzband, auch schon an dem Tatra verbaut. Dies würde die Lebensdauer des Schuhes um einiges erhöhen. Auf der anderen Seite vermutlich jedoch auch steifer machen, was ich wiederum verkraften könnte. Durch das fehlende Geröllschutzband kommt es zu folgendem Schadbild: 

Das Leder ist ungeschützt und es kommt zur Beschädigungen am Außenmaterial. Bisher hatte ich Glück *klopf auf Holz* und habe mir den Schuh noch nicht so beschädigt, dass er ein richtiges Loch hat.  

Die Einlegesohle:

Die Einlegesohle ist bei dem Schuh, ebenso wie bei fast allen Wanderschuhen, herausnehmbar. Diese ist recht simpel gefertigt, bietet also keine besonderen Nebenfunktionen wie Dämpfung, ein besonderes Obermaterial oder ähnliches. In dem Nachfolgemodell von diesem Schuh hat sich die Einlegesohle geringfügig geändert. Es wird ein anderes Material verwendet und sie ist meinem Anschein nach etwas dicker. 

Pflege:

Da ich nur durch anständige Pflege, den Schuh wasserabweisend bekomme ist es wichtig zu wissen, mit was ein Volllederschuh gepflegt werden sollte. Hierfür empfiehlt sich in meinen Augen ausschließlich Wachs (am besten auf Bienenwachs Basis). Alles andere verstopft entweder die Poren des Leders wodurch die Atmungsaktivität flöten geht, oder das Imprägniermittel macht den Schuh zwar wasserabweisender, pflegt jedoch nicht das Leder. Wachs kann in die Struktur des Leders einziehen und behält somit die Atmungsaktivität bei hoher wasserabweisender Fähigkeit. Von Fett rate ich aus zuvor genannten Gründen auf jeden Fall ab. Bedenken muss man, dass der Schuh deutlich dunkler wird wenn man ihn wachst. Normalerweise ist der Tatra, welcher hier auf den Bildern zu sehen ist, deutlich heller. Da ich Ihn jedoch für diese Bewertung gereinigt und gewachst habe kommt diese dunkle Färbung zu Stande. 

Fazit:

Rundum bin ich mit dem Schuh höchst zufrieden. Das wichtigste ist beim Kauf eines Wanderschuhes, dass dieser auf Anhieb passt und nirgends drückt. Ich bin damals in meinen Tatra geschlüpft und war sofort begeistert! In den ganzen Jahren in denen ich ihn jetzt trage, hat er mich nie enttäuscht. Dennoch werde ich bei meinem nächsten Schuh nicht wieder zu diesem Modell greifen, da mich das fehlende Geröllschutzband stört. Ich werde aber vermutlich in der Hanwag Familie bleiben und mich dann für seinen großen Bruder den Yukon entscheiden.