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Test: CANYON Spectral Al 7.0 Ex 2017 - Mountainbike

CANYON Spectral Al 7.0 Ex 2017 - Mountainbike
Vielseitiges Trailbike für schnelle Abfahrten und ausgedehnte Touren in grobem Gelände
Bewertung Ø: 5.00 Sterne

Vorteile

  • Preis-/Leistung top
  • Einsatzbereich sehr breit
  • ausgeglichenes Fahrverhalten
  • Komponentenauswahl
  • wartungsarm und robust
  • Rahmendesign/Formgebung

Nachteile

  • Schweißnähte und Verbindungen sehen lieblos aus
  • lange Wartezeiten auf Antwort vom Service
  • billige "Kabelhalter"

Bewertung

Einsatzbereich und Test

Nachdem mein altes Ghost AMR einen neuen Besitzer gefunden hatte, war klar, dass relativ schnell ein Ersatz für die ausgedehneten Ausfahrten auf Trails und in schwierigem Gelände her muss. Da mein Ghost Lector (Hardtail) aber gänzlich mit Komfort geizt und eher was für die schnellen CrossCountry Rennen ist, habe ich mich entschlossen ein Rad für den puren Fahrspaß anzuschaffen.

Wichtig ist mir, dass ich das Rad auch ohne Liftunterstützung auf den Berg bekomme, ohne danach schon komplett schlapp zu sein. Eine Alpenüberquerung mit vielen Uphillmetern soll mit dem Rad also genau so möglich sein, wie ein Ausflug in den Trailpark.

Ich habe mich für das Spectral EX entschieden, weil ich bereits am Hartail den Einfachantrieb lieben gelernt habe, den Abfahrtsspaß nicht missen will und trotzdem ein Rad mit angenehmem Vortrieb/geringem Gewicht suche. Um es vorweg zu nehmen: genau das habe ich in diesem Rad gefunden, aber nun der Reihe nach.

Fahreigenschaften

Setzt man sich auf das fertig zusammen gebaute Rad, spürt man sofort seinen komfortablen Charakter. Angenehme Sitzposition mit kurzem Reach, breiter Lenker und ein Fahrwerk, das seidig sanft unter dem Körpergewicht nachgibt. Die ersten Pedalumdrehungen nimmt das Rad willig entgegen und wandelt sie in Vortrieb um, ohne dabei großartig zu wippen. Im Anstieg spürt man zwar, dass es keine Rennmaschine aus Carbonfaser ist, trotzdem hat man nicht das Gefühl sich jeden Höhenmeter erkämpfen zu müssen. Sperrt man auf Asphaltanstiegen noch das Fahrwerk komplett geht es noch leichter vorwärts.

Für die Abwährtsbewegung wird der Luftfluss wieder freigegeben und die Mundwinkel wandern noch weiter in Richtung Ohren. Die ersten paar Kurven sind mit dem flachen Lenkwinkel etwas gewöhnungsbedürftig, fühlen sich danach aber umso angenehmer an. Kleinere Wellen und Unebenheiten im Boden schluckt das Fahrwerk, als wären sie überhaupt nicht vorhanden. Größere Stufen, verblockte Abfahrten und Wurzelteppiche atmen die Gabel und der Dämpfer synchron weg und verzeihen auch mal bei härterer Linienwahl. Wird es eng und technisch, bleibt das Rad wendig und spielerisch genug, um es Richtung Tal zu zirkeln.

Der erste Eindruck, ein vielseitiges Rad für hoch, runter, technisch und flowig gefunden zu haben hält auch noch nach mehr als 2000km auf diversen unterschiedlichen Trails. Meiner Meinung nach ein super vielseitiges Bike das keine Kompromisse braucht, da es einfach die Dinge so nimmt wie sie vor den Stollen auftauchen.

Gabel (RockShox Pike RCT3)

Mit seinen 150mm Federweg und einem sehr sensiblen Ansprechverhalten arbeitet die Gabel brav die Hindernisse ab, die unter dem Vorderrad auftauchen. Größere Pakete werden mit progressivem Druck am Lenker angekündigt und erst an den Fahrer weiter gegeben, wenn die mechanische Grenze naht. Bei aktiver Fahrweise konnte ich bisher keine Durchschläge wahrnehmen, wenngleich die Ränder vom Abstreifen davon zeugen, den Federweg gut auszunutzen. Egal ob schnelle Schläge oder große Wellen, die Pike arbeitet zuverlässig.

Berauf gibt es wenig Aufschaukeln und nur im Wiegetritt schalte ich auf die Plattform oder sperre komplett. Das Drehrad rastet hierbei deutlich hörbar und fühlbar ein und ist angenehm zu bedienen. Im Lockout-Modus habe ich das (subjektive) Gefühl deutlich sraffer unterwegs zu sein, als bei vergleichbaren Fox Modellen.

Dämpfer (RockShox Monarch RT3)

Der Hinterbau arbeitet mit einem Monarch RT3 Dämpfer und gibt 140mm Federweg frei. Das Setup ist durch die aufgedruckte Skala und den Markierungsring schnell und einfach gemacht. Mein Eindruck ist, dass durch Hinterbaugeometrie 25-30% SAG optimal sind, da ansonsten das Fahrwerk zu straff wird und der ganze Federweg nicht mehr ausgenutzt werden kann. AM-typische 20-25% SAG würden bei mir deutlich mehr Dämpferdruck bedeuten und vermitteln dann im Fahrbetrieb ehr das Handling von einem Racefully, was sicher mit dem restlichen Setup nicht zusammenpasst.

Durch die große Dämpferkammer und eine kleine Dämpferkammer spricht der Hinterbau sensibel an und schnauft bei großen Unebenheiten einmal durch um ohne großes Nachwippen auf seine nächste Aufgabe zu warten. Wie bereits erwähnt geht der Dämpfer durch die Hinterbaukinematic bei mir schnell bis 30% durch, danach arbeitet er spürbar straffer bis kurz bevor der Federweg aufgebraucht ist. Die letzten Milimeter Federweg kitzelt man - gefühlt - nur schwer aus dem Fahrwerk. Schnelle Wurzelteppiche machen so richtig Spaß. Geht es flowig und weich zu könnte man sogar den Eindruck haben, dass sich das Fahrwerk regelrecht langweilt.

Im Uphill beziehungsweise bei starkem Zug auf der Kette sinkt der Hinterbau nochmals etwas ein, wippt dann aber nur minimal. Mit der Pedalplattform und dem kompletten Lockout kann das aber je nach Gelände sehr gut fixiert werden.

Insgesamt arbeiten Dämpfer, Hinterbau und Federgabel sehr gut zusammen und geben dem Reiter gute Rückmeldung von seinem Pferd.

Bremsen (SRAM Guide RS)

Zu den Bremsen gibt es nicht viel zu sagen. Die 180mm hinten / 200mm vorne greifen beherzt aber berechenbar zu und sind gut dosierbar. Wartungsarbeiten mussten bisher keine gemacht werden. Stark!

Schaltung (SRAM Eagle X01 1x12)

Die SRAM Eagle X01 hat mich überzeugt. Bandbreite mit 32T-Kettenblatt reicht vom steilen und langen Uphill bis zu flüssigen Flachpassagen. Die Kette wird stramm gehalten und liegt auf dem XSync-Kettenblatt auf, als wäre sie dort festgelötet. Auffällig ist der leise Lauf in den mittleren bis hohen Gängen. Auf den riesigen Ritzeln hört man hingegen deutlich wie die Glieder einhaken. Bis auf Öl (ich arbeite mit Trockenschmierstoff) hatte der Antrieb ebenfalls noch keine außergewöhnliche Servicezeit beansprucht. Ebenfalls ein fettes Plus.

Laufräder (Mavic XA Elite 25mm Innenweite)

Die Laufräder sind breit genug, steif und robust. Da sie bereits ab Werk tubelessready ausgerüstet sind, gelingt ein Umbau in wenigen Minuten. Schlauch raus, beiliegendes Ventil rein, Mantel wieder drauf, Milch rein und fertig. Selbst nach unzähligen (hörbaren und spürbaren) Steinschlägen habe ich noch keine größeren Macken in der Felge. Sie scheinen sehr gut lackiert und auf ruppige Ausfahrten vorbereitet zu sein.

Sonstiges

Der  breiter Lenker mit 760mm und angenehmem Rise ist für die Radkategorie absolut passen. Ich habe überlegt auf 780mm zu erweitern, sehe aber inzwischen keinen Grund mehr dazu.

Die Rockshox Reverb Stealth wird standardmäßig schon eingebaut und hat bei meinen 1,82m Größe und Rahmengröße L die optimale Hublänge. Der fixe Teil der Stütze schaut nur wenige Zentimeter aus dem Rahmen. Hier ist KEIN Schnellspanner verbaut, was ich auch sinnvoll finde, da ich so mit dem Drehmomentschlüssel einmal anzieh und gut ist. Die Kombination aus Variostütze und Schnellspanner (wie sie viele noch verbauen) habe ich bisher nicht kapiert. 

Der Sattel ist angenehm und robust. Da ich als Guide viel im Sattel sitze tausche ich diesen gerne mal in eine maßgeschneiderte Variante. Bei diesem Modell ist das aber nicht notwendig. Einziges Manko: der Textileinsatz hinten am Sattel trocknet schlecht und sorgt hin und wieder für nasse Hosen ab Folgetag von Regenfahrten.

Die Reifenerstausstattung mit Maxxis HighRoller II und Minion SS (beide bereits hier bewertet) ist ehr auf Trailpark und Abfahrten ausgelegt und kann in steilen Anstiegen, weichen oder nassen Untergründen nicht ganz mithalten. Da würde ich für Alpenüberquerungen und lange Touren etwas umrüsten (z.B. auf Fat Albert oder Hans Dampf).

Unboxing, Lieferung, Einstellung

Da ich die meisten Servicearbeiten ohnehin selbst durchführe habe ich mich dieses mal bewusst für ein Versenderrad entschieden, da man hier meiner Meinung nach mehr für sein Geld bekommt. Die Abwicklung hat mich hierbei sogar noch positiv überrascht. Das Rad war bereits nach 20 Minuten einsatzbereit. Das Kabel für die Sattelstütze ist vorgefädelt, so muss nur noch die Stütze in den Rahmen eingesteckt werden und das danach übrige Kabel vorne aus dem Rahmen gezogen werden. Der Vorbau war auf der Gabel fertig montiert und das Lenklager eingestellt. Über die vordere Klemme also den Lenker aufgesteckt, Remotehebel für die Sattelstütze angeschraubt, Vorderrad eingebaut und in die Dämpfer und Reifen die Luft rein. Fertig!

Das mitgeliefertes Werkzeug (Pumpe und Drehmomentschlüssel mit allen notwendigen Bits) funktioniert zwar, ist aber wehr ungenau. Ich habe meinen eigenen Drehmomentschlüssel verwendet, da dieser doch deutlich komfortabler ist. Das umfangreiche Handbuch ist toll, auch wenn ich es nicht gebraucht hätte sollte dies Standard sein. Selbst bei Artikeln um 10 Euro sind inzwischen kurze Anleitungen dabei.
Ein Reflektorenset, Spacer für die Bremsen, Rahmenschutzaufkleber und vieles mehr liegen in einem separaten Beutel bei. Für alle die es brauchen: topp!

Sogar die Rahmenschutzaufkleber waren an einigen Stellen schon angebracht (z.B. Unterrohr und an diversen Kabelführungen).

Negatives

Die Plasikkabelhalter am Unterrohr sind von sehr unterschiedlicher Qualität. Bereits nach 200km hatte ich zwei davon verloren. Über den Service habe ich dann nach 3 Wochen neue geschickt bekommen. Diese sind aber auch nicht besser. Ich habe mir nun aus übrigen Schrauben von Falschenhaltern meine eigene solide Kabelführung gebaut.

Die einzelnen Schweißnähte sehen etwas lieblos zusammengebaut aus. Das kann sicher noch besser gemacht werden, wenn man will.

Nach ca. 500km knarzte der Hinterbau. Erst nach kompletter Demontage der HorstLink Achsaufnahme und Komplettfettung war Ruhe. Das könnte beim Zusammenbau schon gemacht werden.

Der Service hat sich 2 Wochen lang nicht gemeldet. Hier könnte vielleicht besser reagiert werden. Klar gibt es immer mal wieder Peaks im Service. Eine derartig lange Pipeline sollte aber nicht sein.

Abschluss

Das Rad hat trotzdem alle fünf Sterne verdient. Ein Allrounder mit vielen Optionen und wenig Kompromissen. Für den Preis mit ordentlichen Komponenten.

Fahrfertiges Gewicht mit Pedalen, Flaschenhalter, Werkzeugtasche, tubeless, ... 13,2kg

Falls es euch interessiert:
Ich fahre an dem Rad die Pedale HT X2 DOWNHILL RACE SCHWARZ. Die Bewertung kommt noch...

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